copyright 2014 - 2019: Helmut Schubert
Tibet-Medizin
Traditionelle tibetische Medizin
Heilen" und "Heil" werden in der tibetischen Kultur nicht in der Weise
getrennt, wie es bei uns üblich ist. Ärzte waren traditionell fast immer
Mönche, und die gute geistige Verfassung ihrer Patienten lag ihnen
ebensosehr am Herzen wie ihr körperliches Wohl. Die tibetische Heilkunde
ist, wie alle alten Heilsysteme, natürlich ganzheitlich orientiert. Die
grundlegende Lehre von der Wechselbeziehung zwischen Geist und Körper
gilt dabei nicht nur im Hinblick auf den Patienten; auch der Einfluss, den die
geistige Verfassung des Arztes auf den Patienten hat, wird berücksichtigt.
Nicht nur das Wissen des Arztes ist gefragt, sondern auch seine
ausgeglichene, freundliche, mitfühlende Geisteshaltung. Ein guter Arzt ist
nicht nur einer, der über großes medizinisches Wissen und viel Erfahrung
verfügt; es sind auch Weisheit und Reife seiner Persönlichkeit, die auf den
Patienten wirken und dessen Heilkräfte aktivieren.
Die tibetische Medizin, ein hochentwickeltes, eigenständiges Heilsystem,
ist in großer Gefahr, im Exil einen wesentlichen Teil ihres Reichtums zu
verlieren. Deshalb sind medizinische Ausbildungstätten, in denen erfahrene
Ärzte ihr Wissen gezielt weitergeben können, von größter Wichtigkeit.
Die tibetischen Mönchsärzte Dr. Lobsang Donyö und Dr. Ngawang
Gyaltsen, ausgebildet von einem der bedeutendsten Mönchsärzte Tibets,
gründeten 1998 mit Hilfe von Tashi Delek e.V. die Hochschule für
traditionelle tibetische Medizin, Shelkar Tibetan Medical Institute, in
Kathmandu. Sie ist nach dem Vorbild des Chakpori, der monastischen
medizinischen Hochschule im alten Lhasa, strukturiert.
Doch wurden einige Neuerungen eingeführt: Auch Nonnen sind zum
Studium zugelassen. Der Ausbildungsplan enthält zusätzlich
Englischunterricht, Erste Hilfe Kurse und Unterricht im Verständnis
westlicher Diagnosemittel wie Blutwerte, Röntgen- und Ultraschallbilder
usw. Die zukünftigen tibetischen Ärzte sollen mit den Möglichkeiten der
westlichen Medizin vertraut gemacht werden, um entscheiden zu können,
in welchem Fall die eine oder andere medizinische Hilfe die geeignetere ist.
Die Verbindung mit der Universität Frankfurt durch Prof. Dr. med. Klaus
Jork, Allgemeinmedizinische Fakultät, der ein Co-Direktor unserer
Hochschule ist, soll in Zukunft auch zu einem Studentenaustausch führen.
Ausserdem wird der Leiter der Schule, Dr. Lobsang Donyö, ein
hervorragender junger Mönchsarzt mit höchsten Auszeichnungen, jährlich
Deutschland, die Schweiz und und Österreich besuchen und hier Seminare
und Vorträge durchführen.